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Der Fluch des Gewinnens im M&A Geschäft
Topic: Warum Manager scheitern, wenn sie gewinnen
"Wrap it up, Mr. Merchant", cried Rags Martin-Jones. "It looks like a bargain to me."
F. Scott Fitzgerald, Rags Martin-Jones and the Pr-nce of W-les, McCall's July 1924
Winner's Curse
Der Fluch des Gewinnens ("winner's curse") ist eine der Grundproblematiken im M&A Geschäft und bei allen größeren Transaktionen. Er zeigt eine psychologische Thematik auf, die bis heute in ihrer Bedeutung für Transaktionen jeder Art völlig unterschätzt wird. In Untersuchungen über die Versteigerung von Offshore Lizenzen für Ölfelder in den USA haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Gewinner der Auktion überwiegend Gebote abgegeben haben, die zum Teil wesentlich über dem Wert lagen, der sich aus den Ölfeldern erwirtschaften ließ. Dies lässt sich mit rationalen Argumenten kaum begründen.
Warum sind Manager – und nicht nur diese – bereit, Beträge weit über Wert für Unternehmen und andere Ziele zu zahlen? Die Erklärung liegt in psychologischen und sozialpsychologischen Faktoren, die das Verhalten von Menschen in komplexen Entscheidungssituationen treiben. Wir alle wollen gewinnen – oder zumindest nicht verlieren, was auf dasselbe hinausläuft – und verwechseln dadurch das Gewinnen in einem Bieterwettbewerb oder in einer Verhandlung mit dem (eigentlichen) Gewinnen am Markt. Der bei Fusionen und größeren Auktionen entstehende Presserummel tut ein übriges, um diese wichtige Trennung zu verwischen.
"Wir haben uns jetzt so intensiv engagiert, jetzt wollen wir es auch haben", ist ein häufig gehörter Satz bei Verhandlungen. Man will "gewinnen" – um beinahe jeden Preis. Dass man das Falsche gewinnt, bzw. im "falschen" Wettbewerb läuft, wird erst hinterher klar, wenn alle Verträge unterschrieben und ein Rückzug nicht mehr möglich ist.
Ursachen schlechter Deals
Was sind die konkreten Gründe, die im Grundsatz hochintelligente und gut ausgebildete Manager dazu verführen, schlechte Deals für sie, ihr Unternehmen und ihre Aktionäre abzuschließen? Zwei Gründe seien hier genannt.
(1) Wenn wir für etwas ein Angebot abgeben, ist unser Gewinn abhängig von der Annahme durch die andere Partei. In der Regel hat der Verkäufer die Bedingungen für die Transaktion gestaltet. Eine Annahme erfolgt daher unter Bedingungen, die einseitig den Verkäufer begünstigen. Die meisten Bieter übersehen diese Beziehung.
(2) Der Verkäufer weiß in der Regel mehr über das Verkaufsobjekt als der Käufer. Rationales Verhalten unterstellt, wird der Verkäufer nur dann einem Angebot zustimmen, wenn seine Werteinschätzung für das Unternehmen niedriger ist als das Gebot. Durch ein Angebot an einen gut informierten, rational handelnden Verkäufer sinkt daher die Chance auf eine spätere Wertsteigerung drastisch.
Was tun?
Was kann man tun, um diesem Dilemma zu entgehen? Glücklicherweise handeln bei weitem nicht alle Verkäufer "rational". Direkte und intensive Kommunikation mit dem Verkäufer verbessert nicht nur die eigene Informationsbasis, sondern steigert auch die Chance, Wertvorstellungen des Verkäufers zu beeinflussen. Dabei ist es wichtig, sich in den anderen hinein zu versetzen, nicht nur die eigene Position zu sehen. Zusätzlich sollte externes, unvoreingenommenes Wissen Dritter herangezogen werden. Diese sozialpsychologischen Aspekte des Verhandelns werden in der klassischen Beratung bislang deutlich unterschätzt, Kompetenzen auf diesem Gebiet liegen dort kaum vor. Dass rein an "Finanzoptimierung" orientierte Kalküle und Szenarien häufig ins Leere laufen, da nach dem Prinzip "Garbage in, Garbage out" gebaut, haben eine Vielzahl wertvernichtender Fusionen zu Genüge gezeigt.
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