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Selbstsicherheit und der Wille zu Fusionen

Topic: Sehr selbstsichere Manager neigen eher zu M&A Strategien


"Price is what you pay – Value is what you get."
Benjamin Graham

Unabhängig von der Diskussion um Shareholder- (USA) oder Stakeholder-Value (Deutschland), ist die Sicherung der dauerhaften Rentabilität und damit die Bestandssicherung des Unternehmens im vorrangigen Gesellschaftsinteresse. Bei börsennotierten Gesellschaften ist die Vergütung der Vorstände auf eine nachhaltige Unternehmensentwicklung auszurichten, § 87 Abs. 1 S. 2 AktG.

Der Deutsche Corporate Governance Codex verlangt von Vorstand und Aufsichtsrat:
„ ... im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen (Unternehmensinteresse).“

M&A ist ein Verkäufermarkt


Aufgrund der Vielzahl an Imponderabilien und Haftungsrisiken ist bei der Bewertung eines Zielunternehmens höchste Vorsicht geboten. Für 2020 soll aufgrund der exzessiven Geldpolitik der Zentralbanken das Verhältnis von nach Anlagen suchendem Finanzkapital zehnmal so hoch sein wie das weltweite Bruttosozialprodukt. M&A ist ein Verkäufermarkt, denn:

(1) Die Nachfrage nach „Deals“ übersteigt das Angebot
(2) Es besteht eine inhärente Informationsasymmetrie (Intransparenz) zugunsten der Verkäufer.

Es ist daher nicht überraschend, dass „poor diligence“ der Käufer bei Vorbereitung und Aushandlung von Transaktionen als wesentliche Ursache für Wertverluste aus Unternehmenskäufen gesehen wird.

Dies hat skeptische Managementtheoretiker dazu geführt, das Management von M&A-hungrigen Unternehmen dahin gehend zu kritisieren, es sei nur an Größe und dem Bau von Imperien interessiert. Nach diesen Überlegungen erwerben Manager Unternehmen nicht zum Vorteil ihrer Aktionäre, sie tun es für sich selbst. Ein größeres Unternehmen bedeutet für Manager ein größeres Gehalt, mehr Macht und mehr Aufmerksamkeit von den Medien. Fast alle Manager verweisen darauf, dass M&A Aktivitäten allein zum Nutzen und Frommen der Aktionäre durchgeführt werden. Man spricht von Synergien, Marktanteilen und Skaleneffekten. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass die Mehrzahl der M&A Deals Werte mindert. Das gilt insbesondere für den Shareholder Value des aufkaufenden Unternehmens.

Die betriebswirtschaftliche Forschung zeigt, dass Corporate M&A aus Sicht der Aktionäre des Erwerbers überwiegend Werte mindert. Die meisten Manager kennen diese Untersuchungen. Daraus ergibt sich jedoch nicht zwingend, dass Manager ihre persönlichen Interessen über die ihrer Aktionäre stellen. Stattdessen könnten sie einfach zu selbstsicher sein in der Einschätzung ihrer eigenen Fähigkeiten und den Zukunftsaussichten ihres Unternehmens. Anders ausgedrückt: Manager glauben, dass ihr ganz spezifischer M&A Deal nicht dem statistischen Durchschnitt anheim fällt, sondern zu den wenigen erfolgreichen gehören wird. Diese Selbstsicherheit – man könnte es auch Selbstüberschätzung oder Hybris nennen – verführt Manager zu Handlungen, die unter rationaler Betrachtung angesichts der negativen Erfolgswahrscheinlichkeit nicht durchgeführt würden.

Sehr selbstsichere Manager überschätzen den Einfluss, den ihre Führungskompetenz und ihre Fähigkeit, profitable Zukunftsprojekte auszuwählen, auf den M&A Deal hat. Entsprechend überschätzen sie das Ausmaß an Synergien zwischen ihrem Unternehmen und dem Target bzw. sie unterschätzen das Ausmaß an Problemen, die durch Fusionen und Akquisitionen entstehen können. Diese Fehleinschätzung führt Manager dazu, M&A Projekte voranzutreiben, trotz des Nachweises, dass Unternehmenskäufe in der Mehrzahl Shareholder Value mindert.

Caveat emptor


Caveat emptor ist ein im angelsächsischen Contract Law üblicher Rechtsgrundsatz, der es allein dem Käufer auferlegt, Mängel zu erkennen. Der Verkäufer hat, abweichend von den deutschen §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB, keine Aufklärungspflichten, darf allerdings nicht aktiv täuschen. Im Übrigen darf grundsätzlich jedermann davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner selbst über die Umstände, die für dessen Vertragsentscheidung maßgeblich sind, sowie über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft.

Schätzt der Käufer Synergien aufgrund eigenständiger Bewertung ohne Verschulden des Verkäufers zu hoch ein und ist auch noch bereit, dafür in voller Höhe an den Verkäufer zu zahlen, ist dies ein unbeachtlicher Motivirrtum. Viele Manager überschätzen ihr Potential, mit dem Zielunternehmen Synergien zu realisieren und Märkte zu erobern und unterschätzen das Ausmaß an Problemen und Risiken, die durch Übernahmen entstehen. Sie neigen dazu, (zu) teuer einzukaufen. Der Verkäufer weiß in der Regel mehr über das Verkaufsobjekt als der Käufer, Informationsasymmetrie zulasten des Käufers ist dem M&A-Geschäft inhärent und kann vom Käufer erst post-acquisition abgebaut werden. Rationales Verhalten unterstellt, wird der Verkäufer nur dann einem Angebot zustimmen, wenn seine Werteinschätzung für das Unternehmen niedriger ist als das Gebot. Durch ein (erfolgreiches) Angebot an einen gut informierten, rational handelnden Verkäufer sinkt daher die Chance auf eine spätere Wertsteigerung deutlich: „The winner is cursed“. Insbesondere der Share Deal ist hochriskant, denn der Käufer erwirbt eine juristische Person, die neben dem Zielunternehmen noch weitere, unbekannte Risiken halten kann.

Finanzierung


Selbstüberschätzung der eigenen Fähigkeiten beeinflusst auch die Auswahl der gewählten Finanzierung. Sehr selbstsichere Manager sehen ihr Unternehmen durch den Markt als unterbewertet an, da externe Investoren im Hinblick auf die Zukunftsaussichten des Unternehmens weniger optimistisch sind als die Unternehmensleitung selbst. Diese vom Management perzipierte scheinbare "Unterbewertung" führt dazu, dass zu wenig oder kein Eigenkapital für die Finanzierung des Erwerbs eingesetzt, sondern weitgehend Fremdkapital aufgenommen wird – Leveraged Buy-out (LBO). Aufgrund dieser häufig verfehlten Perzeption des eigenen Unternehmenswertes erscheint diesen Managern Fremdkapital "billiger" als Eigenkapital.

Die Aufnahme von Darlehen zur Finanzierung einer Akquisition führt jedoch zu weiteren Risiken. Untersuchungen zeigen, dass die Finanzierungskosten dieser Schulden den Fortschritt in der Synergierealisierung zwischen den zu fusionierenden Unternehmen behindern, da dadurch wesentliche Aufmerksamkeit des Managements vom Tagesgeschäft abgelenkt wird. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, aber die These der Selbstüberschätzung bei Unternehmenskäufen ist eine wichtige Ergänzung in der Analyse von M&A Prozessen.

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